Ovid-Roman

Dr. Stefan Gerlinger

Amores - Die Liebesleiden des jungen Ovid

266 Seiten [ISBN: 978-3-938952-29-0]

gebundener Ladenpreis: 20,00 €

 

Kurzbeschreibung

Ein historischer Roman von Dr. Stefan Gerlinger nach den Amores (Buch I) und der Ars amatoria des P. Ovidius Naso. Der Roman inszeniert auf sehr lebendige und historisch anschauliche Weise das Schreiben, Lieben und Leben des jungen Dichters Ovid im augusteischen Rom.
Der Band I der geplanten Romantrilogie um den Dichter Publius Ovidius Naso (43 v. Chr. – 17 n. Chr.) – kurz: Ovid oder auch Naso genannt – handelt von dessen Anfängen als junger Poet im augusteischen Rom, etwa um 19 v. Chr., im Alter von 24 Jahren.
Getrieben von den Flügeln Amors und gepiesackt von dessen Pfeilen, wendet er sich der Liebesdichtung zu und tritt so in die Fußstapfen seiner Vorgänger Gallus, Tibull und Properz. Seine Muse, die ihn zur Liebesdichtung verführt, nennt er mit einem Pseudonym „Corinna“.
Ovids Liebesgedichte (Amores), die sich beinahe wie ein Liebesroman lesen lassen, als Entwicklung einer Liebesbeziehung mit all ihren Höhen und Tiefen, hat Dr. Stefan Gerlinger zu einem solchen ausgeformt. Dabei integriert er auch Teile aus den anderen Werken Ovids, vor allem der Ars amatoria (Liebeskunst), den Heroides (Briefe von Heldengattinnen an ihre abwesenden Männer) und den berühmten Metamorphosen (Verwandlungssagen).
Der Roman gibt nicht nur einen spannenden Einblick in die Lebensumstände des jungen Ovid und in die Zeit der augusteischen Herrschaft in Rom, sondern vermittelt auf anschauliche Weise auch viel archäologisches und kulturgeschichtliches Wissen. Auf diese Weise tritt dem Leser die Zeit von 19-15 v. Chr. im antiken Rom plastisch vor Augen.
Im Hintergrund stehen immer auch die sozialen Rollen, die die gesellschaftliche Stellung im beginnenden Prinzipat, der römischen Kaiserzeit, bestimmten. Außerdem werden die Einflüsse der augusteischen Herrschaft und Propaganda erkennbar, die sich allmählich auf alle Lebensbereiche erstreckte und auch die Literatur umfasste. Diese galt in der Antike eigentlich als eine Welt sui generis und sui iuris und stand unter dem Schutz der göttlichen Musen.
Wie die Verbannung Ovids durch Augustus zeigt (8 n. Chr.), war aber auch ein Dichter nicht mehr gefeit vor politischer Verfolgung. Ovid lebte bis 17 n. Chr. in Tomi am Schwarzen Meer (heutiges Rumänien) und starb dort in der Fremde.

Ein umfangreicher Anhangsteil erläutert die wichtigsten Fachbegriffe und lateinischen Ausdrücke. Der Roman ist so auch als kleines Kompendium zur Antike gedacht und kann auch begleitend zur Lektüre der Amores eingesetzt werden.

 

Leseprobe - Der Einstieg in den Roman

I. Waffen in wuchtigem Takt – Aller Anfang ist gravis
Von links drang der Schrei eines Säuglings durch die Wand, von rechts das Gezeter eines streitenden Pärchens. Eingezwängt zwischen beiden Wänden, raufte sich Naso die Haare. Kleine Schweißtröpfchen lösten sich und perlten hinab. In ihrem winzigen Inneren spiegelte sich der Widerschein des flackernden Öllämpchens. Tiefe Nacht hatte sich über die Stadt ergossen; trotzdem herrschte noch immer eine drückende Hitze. Eigentlich viel zu heiß für einen Septemberabend – selbst in Rom.
    Mit leisem Ticken trafen die Tröpfchen das Wachs, wässrig glänzten sie auf blutrotem Belag – feuchte Buchstaben, die kurz davor schienen, in der Hitze zu zerfließen. Hätte Naso kein Wachs mit besonders hoher Beimischung von Ruß benutzt, nichts würde sie davon abhalten. Der Inhalt am allerwenigsten, dafür passte er zu gut zu Asche.Verdrossen nahm er sein Täfelchen hoch und las, was er soeben ins Wachs gekratzt hatte:

„Waffen in tödlicher Zahl und gewaltige Kriege besingen,
    das ist mein Ziel und davon | kündet der Dichter gar viel.“

    Er rollte seine Augen und nahm einen tiefen Schluck aus dem Tonbecher. Dann stellte er ihn auf seinen Tisch zurück. Auf dem wurmstichigen Holz türmten sich Wachstäfelchen und Schriftrollen. Es wackelte bedenklich. Unabsichtlich streifte Naso ein paar Papyrusrollen, die leise raschelnd zu Boden glitten. Der Fusel schmeckte bitter. Doch schenkte Naso dem keine Beachtung.
    Weitaus bitterer schmeckten ihm seine vergeblichen Dichtversuche. Schon wieder hatte sich einer dieser verdammten Pentameter eingeschlichen! Und überhaupt: „Das ist mein Ziel und davon kündet der Dichter gar viel“? Von wem stammte dieser unrhythmische Mist? Konnte das wirklich von ihm sein?
    Enttäuscht starrte er auf das Wachs. Ungerührt starrte das Wachs zurück.
Der junge Dichter wischte sich mit dem Handrücken den Mund ab. Ein Tropfen landete auf seiner Nase, tänzelte hinab und benetzte eine Papyrusrolle am Boden. „Vielleicht hat Vater doch recht“, dachte Naso mit einem Anflug von Verzweiflung. „Das ist keine wirkliche Dichtung. Habe ich tatsächlich mein Talent verloren oder habe ich nie eines besessen?“
    Eine Schaffenskrise ... Es wollte ihm einfach nicht gelingen. Und das Schlimmste war, dass er nicht einmal mehr einen sauberen Hexameter zustande brachte. Dabei war das früher sogar seine größte Stärke gewesen. Niemand konnte so locker fließende Hexameter bilden wie er.
    In der Schule hatten ihn immer alle darum beneidet, sogar seine Lehrer. Und nun mogelte sich immer wieder ein Pentameter ein und es gab nichts, was er dagegen tun konnte. Hatte er zuletzt zu viel von Gallus, Propertius und Tibullus gelesen?
    Vor dem Fenster quietschten und ratterten Karren vorüber, um die Märkte und Basiliken, die großen Einkaufszentren Roms, mit Waren für den nächsten Tag zu versorgen. Ein Wagen schien stecken geblieben zu sein. Das wütende Geschrei, mit dem ein Fuhrknecht auf sein Zugvieh einbrüllte, war er schon gewohnt. Doch der laute Knall der Peitsche übertönte den üblichen Lärm der mit Eisen beschlagenen Reifen auf dem Straßenpflaster. ...